Budo-Wochenende im Judokai

Karate
Am vergangenen Wochenende fanden im Judokai gleich drei Kurse statt: Karate und Judo am Samstag sowie Ju-Jitsu am Sonntag.


Als erstes entführte uns Meister Koichi Oba (3. Dan) ins Reich des Karatestils Gojo-Ryu. Nach einem traditionell kurzen japanischen Einlaufen zeigte er einige Elemente der Grundschule und worauf es ankommt, um diese effektiv umzusetzen.

Bei den Schlägen betonte er die Wichtigkeit der energischen Gegenbewegung des Arms, der den Schlag nicht ausführt sowie den effektiven Einsatz der Hüfte. Natürlich muss auch auf die Drehbewegung der Faust geachtet werden und die richtige Stellung des Daumens, damit man diesen nicht verletzt. Tausend weitere Details sind ebenfalls nötig, aber da wir grösstenteils Anfänger waren, ging er trotz seiner Genauigkeit über diese hinweg. Um das Gelernte zu automatisieren, verordnete er viele Repetitionen. Diese halfen enorm, insbesondere bei den Abwehren, die darauf folgten. Wie die Schläge fanden diese auf Kopf-, Bauch- und Hüfthöhe statt. Auch hier halfen die vielen Wiederholungen, um das Ganze zu verinnerlichen. Trotzdem war es gar nicht einfach, die Dreierkombination von Abwehren auszuführen. Netterweise korrigierte uns der Meister nicht zu häufig, sonst wären wir vermutlich nicht über eine Technik herausgekommen :-)

Auch bei den Tritten gibt es einige zentrale Punkte, die für eine kraftvolle Ausführung wichtig sind. Die Kontrolle muss, wie auch beim Schlagen, immer vorhanden sein. Somit sollte es nicht passieren, dass der Angreifer bei einem Schlag oder Tritt aus dem Gleichgewicht kommt, nur weil er geblockt wird. Zur Kontrolle gehört auch, dass man bei einem Beintritt nicht einfach das ganze Bein bewegt, sondern erst den Oberschenkel. Danach kommt erst der präzise Tritt, zum Beispiel nach vorne (Mae-Geri) oder zur Seite (Mawashi-Geri). Wird die Hüfte richtig eingesetzt und beim Tritt kräftig ausgeatmet, wird der Effekt maximiert. Koichi Oba demonstrierte an Tritten auf ein Kissen, wie kräftig korrekt ausgeführte Tritte sein können.

Wichtig ist, dass die Übungen so lange langsam ausgeführt werden, bis sie korrekt sind. Erst danach kann die Geschwindigkeit gesteigert werden.

Wie in traditionellen Kampfsportarten üblich, existieren auch im Karate festgelegte Abläufe von Angriffen und Verteidigungen, so genannte Katas. Zum Schluss zeigten die fortgeschrittenen Karatekas unter uns die Kata Gekisai Daiichi und danach durften wir sie noch von unserem Sensei Peter Anliker, zwischendurch ´gestört´ von Meister Koichi Oba bewundern. Sehr eindrucksvoll, wie präzise, kontrolliert und kraftvoll die Bewegungen ausgeführt wurden!

Nach den zwei anstrengenden Stunden grüssten wir wie üblich, und bedankten uns für das lehrreiche Training.

Judo
Schon nach einer kurzen Pause ging es um 16 Uhr weiter mit Nico Oana, dem mehrfachen Schweizermeister im Judo und Ju-Jitsu Fighting und aktuellen Trainer der Nationalmannschaft des Fürstentums Liechtenstein mit zahlreichen Erfolgen an der letzten Europameisterschaft.

Mit seiner packenden und motivierenden Art zeigte er uns erst einmal einige Akrobatik-Elemente, die wider erstes Erwarten im Judo ganz nützlich sein können. Ein Rad ist zum Beispiel wichtig, um bei der Selbstfalltechnikr Tomoe-Nage nicht zu fallen, sondern auf den Füssen zu landen und Tori am Boden zu kontrollieren. Nicht allen gelangen die Übungen gleich gut, aber mindestens zum Zuschauen bei den Anderen haben sie allen Spass gemacht :-)

Es folgte ein Yaku-Soku-Geiko (Übungskampf ohne Widerstand) der besonderen Art: zuerst ganz locker, dann mit gegenseitigem Weiterführen der Technik und am Schluss noch blind (nur einer!) - und das Ganze immer mit Musik. Nico hatte dazu extra seine Musikbox mitgebracht.

Nicos Spezialität waren und sind Abtaucher. Das sind Würfe, bei denen man selber auf den Boden fällt und Uke damit so mitreisst, dass dieser auf dem Rücken landet. Zu Nicos Leidwesen sind in den aktuellen Kampfregeln Beingreifer nicht mehr erlaubt. Trotzdem findet er es sinnvoll, diese zu trainieren, da sie die Technikbreite erhöhen - zudem zeigte er uns eine Variante, die ohne Beingriff auskommt. Diese fanden die meisten allerdings nicht trivial, so dass wir damit einige Zeit verbrachten. Wer die Technik aber mal gemeistert hat, möchte sie nicht mehr missen! Die Technik mit Beingriff verstanden hingegen alle fast auf Anhieb - von dem her schade, dass diese nicht mehr erlaubt ist.

Am Boden bracht uns Nico einen Würger aus der Bankposition bei, bei welcher man ganz ohne Kraftaufwand den überraschten Uke zum Abklopfen bringt. Auch hier war es wieder interessant zu sehen, dass besonders am Boden die Technik und nicht die Kraft entscheidet. Sind gewisse Schlüsselstellen (hier: das Fassen seines eigenen Reverszipfels) gemeistert, passiert der Rest fast von selbst.

Natürlich durfte auch das Randori (Übungskampf) nicht fehlen. Die Kampfbegeisterten unter uns liessen es sich nicht nehmen, selber gegen Nico anzutreten, so eine Chance hat man schliesslich nicht alle Tage!

Nicos Motto erfuhren wir in den zwei Stunden klar: Judo ist ein Kampfsport, der Einsatz verlangt, aber der Spassfaktor wird dabei bei ihm sehr gross geschrieben. Durch Spass lernt es sich einfacher und besser - das können wir nach dieser Lektion nur bestätigen. Vielen Dank auch für dieses Training!

Ju-Jitsu
Am Sonntag trotzten acht Judo- und Ju-Jitsukas etwaigem Muskelkater und sonstigen Nachwehen und standen auf der Matte, um Harry Bucklars Ju-Jitsu-Training zu geniessen. Da Harry den 5. Dan trägt und unter anderem Spezialist auf Handgelenkhebel ist, kamen wir in den Genuss einiger Techniken dazu.

Mit einfachen, dann komplizierteren Köperdrehungen bracht er uns die Grundschritte bei, die danach gleich zu zweit geübt wurden. Als Nächstes streckte uns der Partner seinen rechten Arm hin, den wir fassen und unserer Drehungen damit durchführen konnten. Wer alles richtig gemacht hatte, konnte danach Uke zu einer Rolle rückwärts zwingen - das Resultat war ein Shiho-Nage. Es brauchte bei den meisten mehrere Anläufe, aber Harry korrigierte geduldig, bis die Technik bei allen klappte. Die richtige Ausgangssituation ist natürlich, dass der Gegner unser Handgelenk greift, was wir zum Schluss ebenfalls üben konnten.

Die möglichen Abwehren auf Handgelenkangriffe sind fast unbegrenzt. Harry zeigte uns Reaktionen auf gerades und diagonales Fassen der Handgelenke. Die Technik nennt sich Kote-Mawashi. Dies ist ein Hebel, der dem Gegner aufs Handgelenk geht und richtig angewendet äusserst schmerzhaft ist. Wie in allen Techniken betonte Harry, dass der Fokus darauf gesetzt werden muss, die Technik korrekt und schlussendlich schnell zu machen, um möglichst unbeschadet aus der ´Schusslinie´ des Gegners (Schläge, Tritte) zu kommen. Aus diesem Grund ist es auch wichtig, sich möglichst klein zu machen und besonders den eigenen Kopf wenn immer möglich mit seinen Händen zu schützen. Bei den beiden gezeigten Techniken erfreute uns wieder die Lockerheit, mit welcher Harry sie vorzeigte. Wir mussten aber feststellen, dass der Teufel im Detail steckt und man viel falsch machen kann :-) Ebenfalls viel falsch machen kann Uke: dieser sollte nicht quasi auf Vorrat zu Boden gehen, sondern nur dann, wenn er muss. So zeigt er Tori, ob die Technik korrekt ist oder nicht.

Als Abschluss stellt sich ein Opfer in die Mitte von drei Angreifern, die irgendwie angreifen durften - Tori musste sich korrekt verteidigen. Das vorhin gelernte konnte hier unter leicht erschwerten Bedingungen vertieft werden.

Harry begeisterte uns mit seiner ruhigen, direkten und unkomplizierten Art. Seine didaktisch hervorragend aufgebaute Lektion kam auch den Ju-Jitsu-Neulingen unter uns entgegen, so dass sie nach dem Training die Techniken beherrschten. Auch seine Erklärungen, weshalb etwas genau so und nicht anders gemacht wird, waren sehr lehrreich und konnten direkt angewendet werden.

Um 12 Uhr war das Budo-Wochenende dann (zu schnell) vorbei. Vielen Dank an Andreas Wisler für die reibungslose Organisation!

Wem der Bericht zu abstrakt oder theoretisch tönt ist gerne eingeladen, an einem der Trainings selber dabei zu sein. Wir alle hatten Freude, etwas in einer für uns unbekannten Kampfsportart zu lernen.

Andy Deller